Überhitzung von Landschildkröten

Ein wichtiges Thema bei den derzeit vorherrschenden Temperaturen ist die Überhitzung bei Landschildkröten.
Ein nicht zur unterschätzendes Risiko, welches bei Geringschätzung schnell zur großen Gefahr für Schildkröten führen kann.

Landschildkröten sind wechselwarm (poikilotherm) und somit von ihrer Umgebungstemperatur abhängig. In den Sommermonaten wird die Umgebungstemperatur eklatant durch die Intenesität und den Sonnenstand beeinflusst.
Die richtige Umgebungstemperatur ist für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere entscheidend.

Landschildkröten sind partielle Sonnenanbeter.
Sie nutzen die Sonne sehr gezielt in den frühen Morgenstunden um Vitamin D3 zu synthetisieren und den Stoffwechsel auf die erforderliche Vorzugstemperatur zu bringen.
Die Vorzugstemperatur liegt im Bereich zwischen 25 °C und 35 °C.

Für diesen Vorgang sitzen die Landschildkröten im richtigen Winkel zur Sonne, alle Gliedmaßen und den Kopf weit von sich gestreckt in der Sonne. Durch die Haut wird das Sonnenlicht aufgenommen und vom Körper in Vitamin D umgewandelt.
Der Prozess wird nach Möglichkeit täglich wiederholt.

Sobald die Vorzugstemperatur von 35 °C erreicht ist, verlassen sie Ihre Sonnenplätze und beginnen den Alltag wie:

  • Futtersuche
  • Verdauungsvorgänge werden angeregt
  • Paarung
  • suche nach geeigneten Eiablagemöglichkeiten
  • Eiablage
  • Balzverhalten
  • Verteidigung des Reviers
  • aufsuchen von Höhlen, Hütten, Schattenpflanzen
  • Im Hochsommer sind die Schildkröten bereits in den frühen Morgenstunden und statt nachmittags eher am frühen Abend unterwegs.
  • Etliche Arten halten eine Sommerruhe (Ästivation). Auch Europäische Landschildkröten ziehen sich bei großer Hitze über einen gewissen Zeitraum zurück.
  • Im späteren Jahresverlauf wenn die Tage kürzer und kühler werden, also ab August beginnt die Suche nach einem geeigneten Platz für das Winterquartier.

Sind oben genannte tägliche Ziele erreicht, ziehen sich die Landschildkröten in den Schatten zurück.

Befindet sich eine Schildkröte länger als 30 – 40 Minuten in der Sonne bei einer Umgebungstemperaturen über 30 °C ist das ein Zeichen, dass ein gesundheitliches Problem vorliegt.
Dann ist es Zeit einen Tierarzt zu konsultieren.
Liegt eine Schildkröte aus welchem Grund auch immer auf dem Rücken ist die Gefahr natürlich enorm groß an Überhitzung aber auch durch Stress zu sterben und durch das Eigengewicht erdrückt zu werden.
Schildkröten benötigen immer frisches Wasser. Im Habitat versorgen sich die Landschildkröten ebenso mit Wasser durch durch Bachläufe, Quellen, und Uferregionen. Morgentau oder Regen, der von den Blättern und Gräsern aufgenommen wird ist ebenso kostbar und hilfreich.

Gelegentlich höre ich, dass Halter keine Wasserschalen aufstellen, da sie die Schildkröten nicht trinken sehen. Das ist natürlich unsinnig, denn man darf der Schildkröte keine lebensnotwendigen Grundbedürfnisse entziehen.
Außerdem:

  1. Sitzt der Halter nicht den ganzen Tag am Gehege.
  2. Nimmt die Schildkröte über den Panzer und die Kloake zusätzlich Wasser auf
    wir sehen es nicht immer wenn Schildkröten durch Tropfen auf Pflanzen, Steinen oder Rinden ebenfalls den Wasserbedarf decken.
  3. Ist es keinesfalls ausreichend, wenn nur die Futterpflanze Flüssigkeit enthält.
  4. Nicht nur kalte und zugige Fußböden, auch das Vorenthalten von Wasser führt bei Landschildkröten zu großen Nierenleiden.
  5. Häufig ist zu sehen, dass die Schildkröte einen Sommerregen dazu nutzt intensiv Wasser aufzunehmen. Dann sind sie sogar rege unterwegs.

Woran erkennt man die Überhitzung bei Landschildkröten?

Leider kommt es immer wieder vor, dass Landschildkröten nicht nur Wasser vorenthalten wird, sondern dass die Struktur, Größe und das Gehege als solches so angelegt ist, dass die Schildkröten bei zu großer Hitze keine Rückzugsmöglichkeiten haben.

  • Nicht vorhandene Klimazonen machen es einer Schildkröte unmöglich den Körper abzukühlen.
  • Wird die Vorzugstemperatur von 35 °C überschritten, beginnt der Körper zu kollabieren.
  • Der Organismus ist nicht mehr in der Lage eigenständig für einen Temperaturausgleich zu sorgen.
  • Eine Landschildkröte kann die Wärme nicht durch schwitzen, hecheln o.ä. regulieren und aus dem Körper ableiten.
  • Eine Schildkröte kann am Hitzschlag sterben. Das ist ein sehr qualvoller Tod.
  • Anzeichen für die Überhitzung ist Apathie, liegen an einer Stelle, u.U. aufgerissenes Maul und Schaumbildung im Maul.

Erste Hilfe wenn die Schildkröte überhitzt ist?

Das wichtigste ist Ruhe zu bewahren und sehr wohl zu überlegen, dass radikale Maßnahmen keinesfalls helfen, eher zur Verschlechterung des Allgemeinzustandes führen.

  • Die Schildkröte muss in den Schatten gebracht werden.
  • Aber keinesfalls in einen Raum überführt werden, der so kühl ist, dass der Organismus aufgrund des Temperatursturzes versagt.
  • Ein feuchtes Tuch auf den Körper des Tieres legen.
  • Wasser anbieten.
  • Erst nach ca. 10 Minuten in lauwarmes Wasser nicht zu kaltes Wasser setzen.
  • Maximale Höhe bis Bauchpanzerhöhe, sodass die Schildkröte nicht Angst haben muss zu ertrinken.
  • Der Kopf muss immer über dem Wasserspiegel sein.
  • Keinesfalls hin und her tragen.
  • Die folgenden Tage das Verhalten der Schildkröte beobachten.
  • Schnellst möglich einen Reptilien erfahrenen Tierarzt aufsuchen.

Vorbeugende Maßnahmen

  • Mehrere Wasserschalen an unterschiedlichen Stellen im Gehege aufstellen.
  • Auch die unterlegeneren Schildkröten müssen zu jeder Zeit an geeignete Wasserschalen kommen können.
  • Diese mindestens 2 x pro Tag auf Füllstand und Sauberkeit kontrollieren.
  • Die Schale muss so beschaffen sein, dass kleine Schlidkröten nicht ertrinken und große Schildkröten ausreichende Mengen an Wasser aufnehmen können.
  • Schildkröten leben im Mikrokosmos. An einer Stelle kann der Sonnenbereich durchaus 35 °C und mehr aufweisen, an einer anderen Stelle kaum 2 – 3 Meter weiter sollte deutlich jedoch deutlich kühler, also 5 – 10 °C weniger als die Umgebungstemperatur betragen (siehe folgende Fotos).
  • Das Gehege muss somit über unterschiedliche Temperaturzonen verfügen.
  • Erreichbar durch Hütten und Höhlen, Schattenpflanzen und Verstecke.
  • Ideal sind selbst gebaute Höhlen mit Naturboden, die den Tieren die Möglichkeit bieten, weit ins Höhleninnere vorzudringen.
  • Bei Bedarf kann sich die Schildkröte in die Erde eingraben. Eine Höhle schützt die Landschildkröten natürlich auch gegen Fressfeinde.
  • Die selbstgebauten Höhlen sind in der Auffangstation sehr einfach durch Ziegelsteine (Seiten- und Rückwand) und einer Terassenplatte als Dach konstruiert (siehe Foto).
  • In aller Regel sind die Höhlen mind. 30 – 40 cm tief.
  • Ein umgedrehter Blumentopf oder eine Kiste erfüllt den Zweck zur Isolation und Thermoregulierung keinesfalls und ist somit nicht ausreichend.
  • Ein Frühbeet alleine ist niemals ausreichend für die Haltung von Landschildkröten.
  • Temperaturen bis zu 50 – 60 °C im Frühbeet oder Gewächshaus sind an Tagen mit einer Außentemperatur über 30 °C keine Seltenheit.
  • Es muss immer die Möglichkeit gegeben sein, bei Hitze vom Frühbeet aus in ein angrenzendes Außengehege zu gelangen.
  • Schildkröten müssen sich einzugraben können um dadurch nicht nur Schutz vor Kälte zu suchen, sondern auch der Hitze auszuweichen zu können.
  • Jungtiere oder Kleinbleibende werden gelegentlich einfach an eine Sonnenexponierte Stelle im Garten platziert. Fatal ist, dass diese Plätze nicht nur extrem aufheizen, auch können sie nicht eingraben, da nach ein paar Zentimeter Substrat der Boden erreicht ist. Somit sind diese Unterbringungsvarianten nicht geeignet.
  • Manche Jungtiere werden aber auch in Gewächshäusern auf der Ablage für Pflanzkästen gehalten. Das hat natürlich ebenfalls fatale Folgen.
  • Nicht nur die Haltung ausschließlich im Gewächshaus ist fahrlässig. Die Ablagen sind meist in einer Höhe von ca. 1,30 Meter angebracht. Das ist natürlich zur kühleren Jahreszeit eine Alternative, da die Wärme nach oben steigt und die Jungtiere davon profitieren. Im Sommer allerdings kann diese Hitze zur lebensbedrohlichen Falle werden.

Temperaturmessungen

Nachfolgend einige Beispiele von Montag, dem 25.06.2019 (nachmittags 15.00 Uhr) in einem Schildkrötengehege der Auffangstation in Stuttgart.
Die Temperaturmessungen wurden an unterschiedlichen Stellen im Umkreis von mehreren Quadratmetern durchgeführt.

Um eine genaue Temperatur zu erhalten, lag das Thermometer an den Messstellen ca. 10 Minuten.

Temperatur auf der Gehegeumrandung Südseite

Temperatur im Gehege Südseite hinter der Gehegeumrandung (vor der Höhle)

Temperatur im Inneren der Höhle
Erstaunlich ist nicht nur der enorme Temperaturunterschied. Auch die Luftfeuchtigkeit im Inneren einer Höhle ist deutlich höher.

Temperatur im Inneren des Gewächshauses der Pantherschildkröten

Auch die Wassertemperatur in den Badeschalen betrug 34 °C.